Investition und Vorgehensweise für Vertriebsdigitalisierung
Dieser Text ist im Austausch innerhalb der Xing-Gruppe Digitale Transformation durch Business Intelligence
zwischen unserem COO Ingo Hagemann und Sebastian Meyer, Marketing
Manager bei IT2media und Teil des Moderations-Teams der Gruppe,
entstanden. Wir haben für Sie die Unterhaltung in einem Gesamttext
zusammengefasst:
Im Bereich der Großunternehmen und im
Enterprise-Segment würden Vertriebs- und Beschaffungsdigitalisierung
schon seit langem dazu gehören, so Hagemann. Branchenabhängig seien
E-Procurement, Punchout oder EDI als digitale Prozesse etabliert. Im
Mittelstand steige auch die Bereitschaft, den Vertrieb zu
digitalisieren. Hagemann und seine Kollegen von der Projekteins hätten
sich mittels Studienlage und aufgrund ihrer Erfahrungen angeschaut, wie die Investitionsvolumen der Unternehmen für die Vertriebsdigitalisierung aussehen würden.
Ergebnis: Digitale Projekte mit viel Dienstleistung brächten hohe
Komplexitätskosten für B2B-Mittelstandsunternehmen mit sich (hier geht es direkt zum E-Paper).
Ingo
Hagemanns Annahme sei, dass die Technologie im B2B-E-Commerce zunehmend
zugänglicher und kostengünstiger werden würde. Aufgrund der Faktoren
Zeit und Budget würden fertige Standardlösungen am Markt erwartet. Oft
sei hier von MVP die Rede, um erstmal anzufangen. Er gehe davon aus,
dass wir in nächster Zeit viele Anbieter und Dienstleister am Markt
sehen werden, die schlüsselfertige und kosteneffiziente Lösungen als
Paket aus Software und Services für mittelständische Unternehmen im
B2B-Bereich anböten.
Sein Beispiel: Die Projekteins wandelt sich von
einer Digitalagentur zum Softwareunternehmen mit eigenem Produkt
bestehend aus B2B-E-Commerce-System mit spezialisierter ERP-Integration
und passendem Service Level Agreement als Gesamtlösung zu
mittelstandsgerechten Preisen.
Sebastian Meyer sieht ebenfalls
die Zukunft der Vertriebsdigitalisierung im Mittelstand in
verkaufsfertigen Lösungen. Jedoch stellt er zur Diskussion, dass es auch
weiterhin individuelle Kundenanforderungen geben würde, die
dementsprechend entwickelt werden müssen. Wie wäre also am Ende die
prozentuale Verteilung zwischen Standard und Individualität?
Aus
Sicht von Ingo Hagemann beziehe sich diese Frage auf die typische
Verteilung von Kostenanteilen aus Lizenz und (Professional) Services bei
B2B-Onlineshops.
Jedoch sollte zunächst bedacht werden:
B2B-E-Commerce-Geschäftsmodelle sind unterschiedlich. Grundsätzlich sei
daher ein gewisser Anpassungsaufwand bei der Einführung von
Standardsoftware vorhanden. Dass sei beim B2B-Onlineshop- genauso wie
zum Beispiel beim ERP-System. Anpassungen könnten hierbei Konfiguration
der Standardsoftware oder auch unternehmensspezifische Zusatzentwicklung
sein, so Hagemann. „Individualität“ im Sinne von Sebastian Meyer
beziehe sich vermutlich vor allem auf Zusatzentwicklung.
Die
Frage von Meyer ließe sich laut Hagemann anhand von Kostenanteilen
beantworten. Hagemann unterscheidet hier zwischen den Kostenarten
Software und Dienstleistung. In der Software sei die Lizenz und die
Wartung enthalten, unter Dienstleistung könne man verschiedene
Leistungen verstehen: Workshops und Schulungen (Beratung), Setup und
Konfiguration, Betriebskosten wie Hosting, Support, Customer Success
Management und Change Management, weiterhin die Reisekosten und die
zusätzliche, initiale Anpassungs- und Zusatzentwicklung und damit
verbundenes Projektmanagement sowie die im Produktivbetrieb anfallenden
Entwicklungsleistungen als Change Requests.
Die Kostenarten könne
man unter Umständen auch anders zuordnen: Beispielsweise könne das
Hosting regelmäßig auch Lizenzkostenanteile enthalten oder die Wartung
den Betriebskosten zugeordnet sein. Die Wartung könne gegen
Leistungsschein jährlich pauschal prozentual vom Lizenzpreis oder anhand
von Personentagen als Dienstleistungskontingent gegen Leistungsnachweis
berechnet werden. Letztlich würden Kauf, Miete oder
Mietkauf-Abrechnungsmodelle die Sache nicht einfacher machen, stellt
Hagemann fest. Und seine Aufstellung erhebe keinen Anspruch auf
Vollständigkeit.
Des Weiteren legt Hagemann für die Beantwortung
der Frage von Sebastian Meyer folgende Einordnung zugrunde: Unter
„Standard“ aus Meyers Formulierung fasse er alle Kostenanteile für die
Software, die Workshops und Schulungen, Setup und Konfiguration und die
Betriebskosten zusammen. Unter „Individualität“ die initialen
Anpassungs- und Zusatzentwicklungen sowie die Change Requests. Wichtig
sei hier vor allem, dass nicht nur initiale Software- oder
Dienstleistungskosten, sondern auch die wiederkehrenden Betriebskosten
berücksichtigt würden.
Anhand der folgenden drei Anteiligkeiten
(Projektgesamtkosten gleich 100%) nennt Hagemann aus seiner Sicht
typische Szenarien für den Bereich B2B-E-Commerce:
-
B2B-Onlineshop mit Open Source-Softwarelizenz
10% bis 20% „Standard“ (Betriebskosten)
80% bis 90% „Individualität“ (initiale Dienstleistungen, wiederkehrende Dienstleistungen) -
B2B-Onlineshop mit kommerzieller Softwarelizenz (vorrangig Lizenzkauf)
30% bis 50% „Standard“ (Lizenzkosten, Betriebskosten)
50% bis 70% „Individualität“ (initiale Dienstleistungen, wiederkehrende Dienstleistungen) -
B2B-Onlineshop mit Software as a Service-Lizenzmiete und Cloud-Betrieb
70% bis 90% „Standard“ (Lizenzkosten, Betriebskosten)
10% bis 30% „Individualität“ (initiale Dienstleistungen, wiederkehrende Dienstleistungen)
Bei B2B-E-Commerce-Lösungen für Großunternehmen (Investitionsvolumen größer als 250.000 € im ersten Jahr) würden aufgrund des Grades der Anpassungen und Individualisierung der Software die Dienstleistungsanteile verhältnismäßig hoch sein. Bei kleineren und mittleren Unternehmen (Investitionsvolumen bis 100.000 € im ersten Jahr), die eher im Softwarestandard bleiben, würden die Lizenzkosten verhältnismäßig hoch ausfallen. Allerdings setzen wiederum sehr kleine Unternehmen (Investitionsvolumen bis 20.000 € im ersten Jahr) und auch eher kleinere Dienstleister oft auf Open Source-Lizenzen.
Hier fügt Meyer hinzu, dass es auch immer eine Frage von Budget, Umfang und Perspektive sei. Es gäbe kleinere Aufträge, die meist mit mehr Aufwand verbunden seien und größere, die dann mehr von standardisierten Lösungen lebten. Das sei immer ein sehr spannendes Spektrum, so Meyer.
Schlußendlich beantwortete Hagemann Meyers Frage nach der richtigen Verteilung mit der Einschätzung, dass sich das Verhältnis der Kostenanteile bei der Produkteinführung eines B2B-Onlineshops in Richtung 70% bis 80% „Standard“ zu 20% bis 30% „Individualität“ entwickeln würde. Diese Einschätzung wird von Sebastian Meyer geteilt.
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